Uns vor uns selbst schützen
4. April 2015 von admin
Die Spitze der Brüssler Bürokratie, Jean-Claude Juncker, hat im Interview der Woche beim Deutschlandfunk zugegeben, dass die EU an der Krise in der Ukraine „mitverantwortlich“ sei. Er meint natürlich nicht die subversive Wühlarbeit der Dienste, sondern begründete erstaunlich, aber für den Brüsseler Gouverneur der Internationalen Finanzwelt typisch: „Ich rede vom Vilnius- Nachbarschaftsgipfel Ende November. Wir haben in finanzieller Hinsicht nicht alles geliefert, was wir hätten liefern können, jetzt liefern wir, weil wir nach den Ereignissen etwas klüger geworden sind.“ Brüssel habe Kiew im vergangenen Winter nicht genug Finanzhilfen angeboten, kritisierte der ehemalige luxemburgische Premier (mit den eigenartigen Finanzgebaren im eigenen Land) in dem Interview. Das Versäumte wird jetzt nachgeholt. Die EU gewährt kurzfristig erst einmal 1,8 Mrd. € Finanzhilfe. Sie sind offensichtlich für den Bürgerkrieg in der Ukraine bestimmt, wenn auch zwecks politischer Verkaufsförderung für diejenigen, die das Geld aufbringen müssen, davon gesprochen wird, dass die Auszahlung von Reformzusagen der Regierung in Kiew abhängig gemacht werden solle. Diese hat – wie man bisher erfahren konnte – keine Probleme, alles das zuzusagen, was man ihr vorschlägt, ohne an die Einhaltung nur zu denken. Das EU-Parlament hat das neue „Hilfspaket“ am vergangenen Mittwoch eilfertig gebilligt.
Die Zusage ist nicht verwunderlich. Denn die Ukraine braucht Geld, um ihre Verbindlichkeiten an Private einzuhalten und so die Preise für deren „Wertpapiere“ zu stabilisieren. Der größte Gläubiger der Ukraine ist u.a. der US-Vermögensverwalter Franklin Templeton. Seit 2010 (spätesten damals begann die jüngste Phase in den Bemühungen, die der Ukraine aus Russland herauszubrechen) hat das US-Unternehmen über sieben Milliarden Dollar in ukrainische Staatsanleihen investiert. Auch andere „Investoren“ wie der Spekulant George Soros fordern die Rettung der Ukraine mit EU-Steuergeldern. Denn auch Soros hat aufgrund politischen Insiderwissens in ukrainische Schuldpapiere investiert. Diese waren wegen fehlender „Werthaltigkeit“ billig zu erwerben gewesen und werden dank EU-Stütze dann deutlich teurer zu verkaufen sein. Das bewährte Spiel „Griechenland“ wiederholt sich – von unseren Volkszertretern werbemäßig gut abgesichert. Da musste ein in manchem ehrlich gebliebener Abgeordneter wie Gauweiler einfach den Hut nehmen. Denn wer sich zu sehr bückt, zerbricht – wie so viele deutsche Rückgrate seit 1945.
Einer der Vorwände für die westliche Unterstützung des Kriegs der Kiewer Oligarchen oder „Victoria Nulands“ Marionetten (wie man es sehen will) gegen Teile der eigenen Bevölkerung, (Vorwürfe, die der „Westen“ in Syrien, Irak und anderswo erhoben hatte, um seine bombigen Interventionen zu rechtfertigte), war die „völkerrechtswidrige Annektion der Krim“ durch Russland. Denn das von Putin verkörperte Land sei angeblich eingedrungen und habe Teile der Ukrainischen Bevölkerung als Tarnschild vor sich gehalten (bisher fehlen dafür abgesehen von „russischen Privatleuten“ Beweise). Der „Völkerrechtswidrigkeit“ im Fall Krim sind nun sogar westliche Meinungsforschungs-Institute nachgegangen (den östlichen darf man auf Befehl westlicher Meiungsmacher nicht glauben). Sie haben Krimbewohner befragt. Das Ergebnis war so eindeutig, dass sogar die amerikanische Zeitschrift Forbes (die darf das noch) dem Westen ironisch vorwirft, mit seiner Politik „die Krimbewohner vor sich selbst retten zu wollen“.
So hat sogar die deutsche Gfk Group im Februar 2015 einen Zustimmungsgrad der Krimbewohner zum Anschluss an Russland von 93 % ermittelt. So etwas schafft die Bundesregierung bei ihren Entscheidungen über die Köpfe der Bundesbürger hin weg nicht. Nach GfK antworteten auf die Frage, ob sie den Anschluss an Russland unterstützten, 82 % der Krimbewohner mit „Ja, auf jeden Fall“ und weitere elf Prozent mit einem weniger begeisterten „Ja“. Nur 2 % der Befragten antworteten „Nein“. 65 % unterstützen die aus Russland stammenden „Freiwilligen“, die im Osten der Ukraine im ukrainischen Bürgerkrieg gegen die Kiewer Regierung mitkämpfen. Nur 16 % glauben, dass die in der Ostukraine im Einsatz befindlichen Russen dies vorwiegend aus finanziellen Gründen tun.
Selbst die für Regierungszwecke in Europa eingesetzten Menschen scheinen allmählich umzudenken. Der EU-Ratspräsident Donald Tusk aus Polen bedauerte jedenfalls am 27.3.: Es sei immer schwieriger, unter den 28 EU-Mitgliedern eine einheitliche Linie mit den Sanktionen durchzusetzen. Die Befürworter gerieten allmählich in die Minderheit. Doch die USA bleiben zuversichtlich, dass die in Europa mit der Regierung Beauftragten bei der Stange bleiben. Amos J Hochstein, Koordinator for International Energy Affairs im Bureau of Energy Resources (ENR) im US-Außenamt deutete nach seinem „produktiven“ Besuch in die Türkei und auf dem Weg nach Ungarn an, dass Washington noch viele gute Ideen im Kampf um das europäische Energiegeschäft habe. Doch geht es dabei nur um den Verkauf von Öl und Gas der US-Konzerne?
Dass Söldner der US-Privatarmee Academi (früher Blackwater) in der Ukraine fleißig mitschießen, hat reale Gründe. Die „Nahrungssmittelwaffen“-Firma Monsanto hat mit dem fruchtbaren Schwarzerdegebiet lukrative Pläne, denen die Rebellen im Osten im Weg stehen. Der Agrarmulti Monsanto hält sich die Söldnertruppe, um sich ein Stück dieses guten, landwirtschaftlich nutzbaren Bodens nach dem anderen anzueignen. Viele frühere Mitarbeiter der CIA und US-Streitkräfte haben bei Academi einen einträglichen Arbeitsplatz gefunden.
Das ist so, weil produktivere Arbeitsplätze für die Bevölkerung der USA inzwischen rar werden. Denn von Amerikas industrieller Wirtschaftskraft ist nicht mehr viel übrig geblieben. 70% der US Wirtschaft basieren auf dem Konsumsektor (Handel mit billiger chinesischer Importware). Der gewerbliche Sektor, der 1971 gemessen am BIP noch 24% der US-Wirtschaft ausmachte, ist auf 12% geschrumpft und beschäftigt sich zum größten Teil mit Waffenproduktion. Selbst die hochgejubelte Öl-Industrie meldet inzwischen in großem Stil Entlassungen, die sich in der offiziellen Statistik allerdings nur in der Zahl von 6000 Einbußen niedergeschlagen haben. Mittlerweile ist Industrie nur noch in sieben US-Bundessstaaten eine wichtige Wohlstandsquelle. Die Entindustrialisierung Amerikas lässt inzwischen die Löhne der Unter- und Mittelklasse deutlich schrumpfen. Die Politwerbung macht dafür allerdings statt der falschen Wirtschaftspolitik der „Investoren“ Immigration und Roboter verantwortlich. Die Menge glaubt es und entwickelt entsprechende Ressentiments.
Die enorme Gelddruckerei der Bankierszentralen FED, EZB, Bank of Japan, die zu Politikwerbezwecken angeblich die gewerbliche Wirtschaft „ankurbeln“ soll, hat das nirgends getan. Wahrscheinlich war das auch gar nicht beabsichtigt. Dem Ankurbelungseffekt steht nämlich laut Jeremy Lawson von Standard Life Investment die größte Dollaraufwertung der letzten 30 bis 40 Jahre entgegen. In einem Bericht bezieht sich das Wall Street Journal auf den Fond-Tracker EPFR und schrieb sinngemäß: Bisher sind in diesem Jahr (2015) bereits 36 Milliarden Dollar in europäische Aktienfonds abgeflossen und 7,6 Milliarden Dollar in japanische Aktienfonds. Weitere 15 Milliarden Dollar gingen an die Aktienfonds „internationaler“ Industrie-Märkte. Am besten wurde das „Nichtankurbeln“ für Japan nachgewiesen: Die Käufe von Anleihen und Exchange Traded Funds (ETFs) durch die Bank of Japan führen dem japanischen Finanzsystem (nicht der Wirtschaft) jeden Monat durchschnittlich 6,7 Bio. Yen oder umgerechnet rund 56 Mrd. Dollar zu. Zum Ankurbeln realer Werte blieb da nichts übrig. In Europa ist das nicht ganz so klar zu erkennen. Doch auch Europa versinkt dank der Finanzhilfe an allerlei Staaten zum Werterhalt ihrer Staatsanleihen im spekulativen Besitz privater Großbanken in dem Schwarzen Loch der aus dem Nichts geschaffenen aber real durchgesetzten Schulden. Aus dem Loch ist ohne drastische Einbußen der Bürger kein Entkommen mehr denkbar. Die Gläubigerbanken bestimmen über den Verschuldungshebel die Politik immer eindeutiger, die Abgeordneten nicken ab, um ihrer einträglichen Arbeitsplätze willen. Das ist das Wesen westlicher Demokratie und ihrer „Werte“-Gesellchaft.
Das gilt natürlich auch für die nun (während der Aufregung über den Germanwings-Absturz) rasch beschlossene PKW-Maut. „Mit Ihr werde es keine PKW-Maut geben!“ hatte Frau Merkel wörtlich im Fernseh-Duell am 1.9.2013 gesagt. Doch die Wähler sind ihre Gesinnungswandlungen inzwischen gewohnt und scheinen sie zu honorieren. Schon damals in ihrer Rede Anfang 2009 vor der Berliner Industrie- und Handelskammer sprach sie sich gegen Steuersenkungen aus. Sie warnte u.a. vor der kommenden Staatsschuldenkrise. „Die Krise ist ja nicht daraus entstanden, dass man (die Regierung) keine Schulden gemacht hat, sondern die Krise ist mit daraus entstanden, dass zu viele Schulden gemacht wurden“, sagte sie damals. „Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir nicht in der Bekämpfung der Krise schon wieder die nächste Krise vorzeichnen.“ Doch kurz danach schrieb sie den Wunsch nach Steuersenkungen in ihr eigenes Wahlprogramm. Dazu kam es dann nach der Wahl allerdings nicht. Statt dessen wurde Westerwelle (FDP) angeblich wegen dieser Forderung gestürzt; Merkel war gewählt. (FAZ 9.6.2013)
Nun wurde also die PKW-Maut mit 433 zu 128 Stimmen vom Bundestag hingenommen. Wieder einmal, wie bei KFZ-Steuer und den 50 Milliarden Euro aus der Mineralölsteuer, soll mit dem Ertrag die marode gewordene Infrastruktur des Landes verbessert werden. Und wieder einmal wird dafür kein Geld übriggeblieben sein. Außerdem bringt die Maut, selbst nach Angaben ihres Befürworters Dobrindt gerade einmal 500 Millionen Euro ein. Das wird (laut Wirtschaftswoche vom 26.2.) allerdings vom „renommierten Verkehrsberater Frank Schmid aus Willich“ bestritten. Der wirft dem Ministerium falsche Berechnungen vor und kommt allenfalls auf rund 100 Millionen Euro Netto-Ertrag. Eine Erhöhung der Mineralölsteuer um einen weiteren Cent brächte der Staatskasse rund 400 bis 600 Millionen Euro pro Jahr „– und zwar geräuschlos“. Die Schulden werden mehr verlangen.
Den Bürgern gaukelten die Medien vor, ihre Politiker hätten die Maut beschlossen, um auch die “Ausländer zur Kasse zu bitten” und “Gerechtigkeit” (beim Straßenerhalt) zu schaffen. Aber hier geht es offensichtlich gar nicht um‘s Geld. Außerdem zahlen ausländische Benutzer deutscher Straßen über die Mineralölsteuer wahrscheinlich weit mehr in die deutsche Steuerkasse als je über die Maut. Die Erfassung der Maut macht laut Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 2008 eine elektronische Massenerfassung unzähliger Kfz-Kennzeichen nötig, die in den „Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung eingreift“, wenn das Kennzeichen nicht unverzüglich mit dem Fahndungsbestand abgeglichen und ohne weitere Auswertung sofort wieder gelöscht wird. Doch wer will das überprüfen? Das Gesetz ermöglicht eine zeitlich unbegrenzte Speicherung unserer Bewegungsdaten und sieht keinen sofortigen Abgleich mit der Liste der Mautzahler etc. vor. Neben der Erfassung unseres bargeldlosen Zahlungsverkehrs (den Bargeldverkehr will man wie in anderen Ländern – neuerdings in Frankreich – allmählich einschränken und schließlich abschaffen) und unseres Telefon- und Internetverkehrs durch die NSA und deren nachgeschaltete Dienststelle BND sollen nun auch unsere Bewegungsdaten zum Zweck besserer Kontrolle und treffenderer Persönlichkeitsprofile erfasst werden – wahrscheinlich auch, um uns vor uns selbst zu schützen.
3 Reaktionen zu “Uns vor uns selbst schützen”
Nur keine Panik.
Lösungen gibt es schon:
https://openbazaar.org/
In Anbetracht der praktischen Attraktivität findet dann auch endlich das erforderliche Umdenken breiter werdender Bevölkerungsschichten statt.
Ein wirklich freier Markt (wie er eben derzeit nur im Deep Web möglich ist) ist eben allemal attraktiver als ein regulierter und mit Zwängen und Gewalt belegter.
Dort liegt das Geld auch noch auf der sprichwörtlichen Strasse und ist die Basis einer sicheren Existenz (ein Mindestmass eigenständigen Denkens vorrausgesetzt).
Ein sich Entwickeln produktiver, arbeitsteiliger Netzwerke zeichnet sich jetzt schon ab. Ganz ohne Staat, Gewerbe und Abgaben.
Nur eine Frage kurzer Zeit bis Güter des täglichen Bedarfs ausschliesslich gegen Bitcoin & Co. angeboten und erworben werden können.
Wen interessiert da noch ein Bargeldverbot?
Der Geist ist aus der Flasche…
Bei der Stasi stieg die Zahl der offziellen und inoffiziellen Mitarbeiter ständig an, zum Schluß vreloren die vielen Mitarbeiter den Überblick. Wenn es immer mehr Protestler am System gibt, kann man unmöglich alle nahtlos überwachen.
Und wenn die schon überwachen, was können sie tun, wenn es immer mehr werden? Die Angst nimmt das Unrechtsbewusstsein vor weg. Denn was ist schon Unrecht an „Opposition“ – etwa dass man nicht mehr „vorzugt wird“? Der Verlust des möglichen Nasengeldes ist die Grundlage der „Angst“, die Sorge, die günstige Sonderbehandlugn, das Gnadenbrot zu verlieren.