Staatskrise auslösen
8. Januar 2011 von admin
„Ich hätte eine Staatskrise auslösen können“, behauptete Thilo Sarrazin am Heiligabend in der FAZ auf S. 33. Er bezog sich dabei auf sein Buch, das ihm die Bundesbank-Pension aufbessern half und ihn in wenigen Wochen zum Millionär gemacht hat. Er findet es von der Sache her immer noch gerechtfertigt und bemerkt, „dass die härtesten Kritiker mein Buch gar nicht gelesen hatten, ganz dem Beispiel von Kanzlerin Merkel folgend.“ Sich mit dem, was man kritisiert, erst auseinanderzusetzen, ist in Deutschland aus der Mode gekommen. Man unterscheidet nach der von oben aufgeklebten Pauschalmeinung nur noch Freund und Feind. Folgerichtig wurde Sarrazin zur Kurzformel für „Ausländerhass“, und dem Antrag auf seinen Ausschluss widersprach im Bundesvorstand der SPD niemand. In Deutschland wird seit den 1970er Jahren nicht mehr diskutiert. Die Meinung wird vorgegeben, nur das frühere: „Jawoll! Zum Abschuss freigegeben“ mit Hakenknallen wurde durch ein von Bedenken gequältes Gesicht mit Seufzer ersetzt, ehe der Stab mit allen Konsequenzen gebrochen wird. Doch was hat das alles mit „Staatskrise auslösen“ zutun?
Nahm sich Sarrazin zu ernst? Bei all der Aufmerksamkeit, die ihm gezollt wurde, wäre das eine nachvollziehbare Selbstüberschätzung! Oder war es eher eine Selbstunterschätzung, oder gar ein im Grunde abgekartetes Spiel. Gerhard Wisnewski, der zur Zeit an einem Buch über den angeblichen Selbstmord der energischen und unternehmensfrohen Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig schreibt, ist auf einen „seltsamen Hintergrund“ hinter diesem höchst zweifelhaften Selbstmord gestoßen (Vgl. http://info.kopp-verlag.de/hintergruende 5.1.2011), der eines interessantes Schlaglicht auf die mögliche „Staatskrise“ Sarrazins werfen könnte
Der Berliner Stadtverordnete René Stadtkewitz wollte unter Anleitung seines Führungsoffiziers, des Pentagon-Mitarbeiters und PNAC-Mitglieds Daniel Pipes, eine neue Partei, „Die Freiheit“, gründen. Sie sollte im Sinne der US-Kriegsführung anti-islamistische und pro Israel Propaganda betreiben. „Ich wollte die Partei zusammen mit Kirsten Heisig aufbauen. Sie sollte das Gesicht werden, ich der Organisator. … Aber dann passierte dieses tragische Unglück.“ sagte Stadtkewitz dem Spiegel. Hatte Frau Heisig sich dem Plan widersetzt und musste deshalb…? Reine Mutmaßung. Sarrazin hätte die gleiche Funktion erfüllen können. War er vielleicht „klüger“?
Eine Parteigründung braucht neben viel Geld, das ihr die Richtung vorgibt, auch ein „Gesicht“, der Rest ist Werbetaktik. Sarrazin hätte ein solches Gesicht mit weit öffentlichkeitswirksamerer Ausstrahlung abgegeben können als die weniger bekannte Jugendrichterin – das zeigt der Vergleich der Auflagen ihrer beiden Bücher. Tatsächlich hatten sich viele Menschen in diesem Lande so etwas erwartet oder gar erhofft: Eine Partei mit jemandem an der Spitze, der es wagt, Tabu-Themen, die den Menschen sozusagen unter den Fingernägeln brennen, anzusprechen oder einem, der mindestens so einst wie Joseph Strauß auch unangenehmere Wahrheiten ausspricht, wenn er schon daran nichts zu ändern vermag. Der Grund für den Wunsch ist nur zu offensichtlich.
Wir haben, wie man es nimmt, 5 Parteien, deren Vertreter sich wortstark mit immer neuen von Werbetextern gefertigten, markigen, ‚comedian‘-artigen Wendungen publikumswirksam beharken. Auf Nebenschauplätzen mag auch ohne jede Auswirkung auf die Sache, um diese gerungen werden. In der Grundausrichtung sind sie sich jedoch alle gleich: Abschaffung der Industriegesellschaft! Sie alle betreiben eine ausgesprochen grüne Politik, plappern willig nach, was ihnen die Medien vorgeben. Das gilt für die CDU/CSU wie für die Grünen, die SPD wie für die FDP und die Linke. Letztere ist allerdings so in Flügelkämpfe um den Verdacht oder Nichtverdacht, kommunistisch zu sein, zerstritten, dass sie kaum dazu kommt ihr grünes Bekenntnis näher auszuformulieren. Und selbst um das Grün der Grünen wird noch gestritten, wie um des Kaisers Bart. Für die einen, die Antikommunisten, ist das Parteiengrün nichts anderes als eine Tarnfarbe des Kommunismus/Sozialismus für die anderen die Farbe der Reaktionären, und weist den Weg, in den alle verhassten Kapitalisten früher oder später (aufgrund des „tendenziellen Falles der Profitrate“) einmünden müssen. Das gibt der Opposition Grund so heftig wie wirkungslos darüber streiten, ob man den Grünen die rote, oder den Roten die grüne Maske herunterreißen müsse – das Ganze nur, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass es sich in beiden Fällen um das Gleiche Selbe handelt, nämlich das letzte Stadium der vielen Mutationen des Bankiers-Sozialismus seit Karl Marx/David Urquarts.
Weit und breit keine Partei in Deutschland, die nicht grün bis in den Geldbeutel (denn „Mark und Knochen“ fehlen allen fünfen) wäre. Das ist das Ergebnis der Kulturrevolution, die viele bei „den 68ern mit der Mao-Bibel in der Hand“ beginnen sehen, weil sie nicht einmal ihre materialreiche aber doch oberflächliche Beschreibung kennen: „Wer die Zecke zahlt, Der CIA und die Kultur im Kalten Krieg“ von Frances Stonor Saunders aus dem Hause derer von Camoys und Southwells (alter britischer Adel). Die CIA als geheimer Dienst für raffinierte ‚Special Operations‘ ist auf „fals flag“ spezialisiert und schwenkt daher neben Geldbündeln auch unterschiedliche Flaggen, rote, blaue, grüne, gelbe. Manchmal, wie in der Ukraine, sind sie orange oder riechen wie in Georgien nach Rosen. Doch wer will das schon wissen – er müsste liebgewordenen Ansichten über links und rechts, über all die zu stürzenden „Diktatoren“, selbst über den Antikommunismus, die Antifa und den Antinazismus und neuerdings den Antiislam überdenken. Es ist nämlich wahrscheinlicher als nicht, dass all dies aus der gleichen Meinungsgiftküche stammt. Also lehnt man Verschwörungstheorien ab und bleibt bei der Stange – der scheinbar eigenen. Es ist also nicht nötig, sich bei den Opas und Omas der 68er auf ihrem „langen Marsch“ durch die Parteien länger aufzuhalten und sich klarzumachen: Kein „Unzuverlässiger“ wird in Partei und Meinungsmacherei etwas – und das einzig Zuverlässige auf diesen Gebieten ist eine ausreichende Erpressbarkeit.
Es hatte also die Gefahr bestanden, mit Sarrazin als Gesicht mit wenig Geld eine demokratische Partei relativ breitenwirksam aufzubauen. Das hätte, wenn die Partei wirklich demokratisch gewesen und nicht einem medien-präparierten Rattenfänger sogleich auf den Leim gegangen wäre, eine „Staatskrise“ auslösen können. Das galt es zu verhindern. Sarrazin hatte zu enttäuschen, besorgte das brav und wurde fürstlich dafür belohnt, Heisig wollte sich für einen entsprechenden Ausguss, der den ernsthaften Parteienwunsch in den Abfluss leiten sollte, nicht hergeben und wurde dementsprechend anders belohnt. Wie gesagt, reine Spekulation. Allerdings Tabu-Themen, die einer wirklich demokratischen Partei aufhelfen könnte, gibt es genug: Der wirtschaftliche Crash-Kurs, der Umbau der Industriegesellschaft, die Beseitigung bürgerlicher Freiheiten. Es fehlt das Gesicht, das Geld und natürlich die Medienunterstützung. Ohne das endet alles wie gehabt…
Nehmen wir die Staatsverschuldung zum Beispiel. Am Silvester-Tag 2010 forderte der Vorsitzende des deutschen Beamtenbunds, Peter Heesen, über die Nachrichtenagentur dpa „die Politik“ auf, die hohe Staatsverschuldung abzubauen. Das wird zwar seit Jahrzehnten von „der Politik“ gefordert bis versprochen. Heesen wollte die Goldreserven der Bundesbank dafür einsetzen, ohne zu wissen, ob es dergleichen überhaupt noch gibt. Im Verkehrschaos des in den Medien breitgetretenen Winterwetters vergaßen sie zu erwähnen, dass das Statistische Bundesamt die Schulden der Öffentlichen Hand in Deutschland – Stand 30.9.2010 – mit 1,7913 Billionen € berechnet hat. Das entspricht – wenn die Berechnung stimmte, und nicht allerlei, wie inzwischen üblich, unter den Teppich gekehrt worden war – einer Prokopfverschuldung des Bundesbürgers von 21.882 €, eine Zunahme von fast 99,7 Mrd. oder rund 1.220 pro Kopf seit dem 31.12.2009.
Die Schulden des Bundes stiegen nominell auf 1086,9 Milliarden Euro an. Dies entspricht einem Zuwachs von 33 Milliarden Euro oder gut drei Prozent. Dank des konjunkturellen Aufwärtstrends wird der Bund dem aktuellen Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums zufolge sogar weniger neue Schulden als ursprünglich geplant aufnehmen müssen – wenn es denn stimmt. „Nach aktueller Einschätzung erscheint hinsichtlich der Neuverschuldung am Jahresende ein Ergebnis von unter 50 Milliarden Euro möglich“, schreibt der Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums im Dezember. Selbst im Jahr des gewaltigen schwarz-gelben „Aufschwungs“ wuchsen die deutschen Staatsschulden prozentual stärker als das Bruttoinlandsprodukt. Nimmt man die unterlassenen Rückstellungen für Beamtenpensionen udgl noch hinzu, könnte einem schlecht werden, denn für diese Schulden soll der Bundesbürger gegebenenfalls einzustehen.
Der Vorschlag von Herrn Heesen, das Bundesgold zu verscherbeln ist, abgesehen davon ob das wirtschaftlich klug wäre, nur ein ablenkendes Fuchteln. Was er tatsächlich meint, formuliert er im Nebensatz. Er schlug vor, über eine Art Lastenausgleichsregelung nachzudenken. Wir hatten das schon einmal, als die Häuser derer, die im Krieg verschont blieben, mit einer Hypothek belastet wurden, um mit dem Ertrag, den Ausgebombten zu neuen Wohnungen zu verhelfen. Das war damals eine schwere, aber gerechte und daher tragbare Lösung. Anders als heute, wo es gilt, die Politik inkompetenter, verantwortungsloser Politiker zu bezahlen. Doch wer hat ihnen ermöglicht, diese Politik durchzuführen, wer hat sie gewählt? Niemand hatte geraten, die Wahlen auf die leichte Schulter zu nehmen.
Heesen sprach nur etwas deutlicher aus, was zuvor schon DIW-Chef Zimmermann gefordert hatte, nämlich eine einmalige Vermögensabgabe. Prof. Dr. Jochen Hörisch (Universität Mannheim; Seminar für deutsche Philologie) will dem Ganzen erst einmal den Schrecken nehmen und gründete zusammen mit Dr. Alexander Dill die „Initiative Hurra wir tilgen“ (www.hurrawirtilgen.de). Sie will den Lastenausgleich nicht nur von anderen fordern, sondern selbst damit anfangen. Immerhin hat man am 30.12.2010 schon die erste Tilgungsrate von 14.250 € an die Bundeskasse überweisen und damit das Schuldenmachen unserer öffentlichen Hände um ganze 6 Sekunden verzögert.
In Bulgarien, Polen, Irland, Frankreich und Ungarn ist man schon etwas weiter. Dort wurde bereits angekündigt, zu dem Zweck auf die private Altersvorsorge der Bürger (Ihre Ersparnisse) zurückzugreifen. In Bulgarien will man mit dem Geld (224 Mio €) zwar nicht die Schulden abtragen, sondern nur die schlimmsten Haushaltslöcher stopfen (http://bulgaria.world-countries.net/archives/50753). Irland zeiht die Pensionsreserven ein (http://www.irishtimes.com/newspaper/ireland/2010/1129/1224284372785.html). Die Polen verstaatlich nur zwei Drittel der Altersersparnisse (http://www.money.pl/emerytury/raporty/artykul/rzad;zlupi;nas;podwojnie;na;emeryturach,185,0,726457.html). Die Bürger können sich nicht wehren, ihre Vertreter entscheiden das für sie. Auch die französische Regierung hat das Geld aus der Altersversorgung an sich genommen. http://www.allbusiness.com/banking-finance/financial-markets-investing-securities/15334344-1.html). Ähnliches geschieht in Ungarn (http://www.businessweek.com/news/2010-11-26/hungary-risks-fund-exit-on-pension-grab-pioneer-says.html). Nichts davon in den deutschen Medien. Ist das nicht „news worthy“.
Im Grunde wären diese „Lastenausgleiche“ nicht nötig, da die Hochfinanz über ihre Sonderziehungsrechte und andere Mechanismen Staatsschulden beliebig finanzieren könnte. Aber Geld ist eben kein Wertmittel – wie viele meinen – sondern ein Machtmittel. Damit geht man so weit, wie irgend möglich. Der „demokratische“ Politikapparat dient seit 1913, mit dem Sturmangriff auf den Nation- und Sozial-Staat der Domestizierung der Menschen und dem Trimmen der Herde. Das sich nicht klar machen zu müssen, kostet schon gewaltige Anstrengungen, zum Beispiel von den Aufwendungen für die Massenunterhaltung im Colosseum des alten Roms bis zu denen für die modernen Medien in jeder Wohnung. Darunter fallen auch die Schaukämpfe gegen Links oder Rechts, Rot oder Grün.
3 Reaktionen zu “Staatskrise auslösen”
Sehr geehrter Herr Boettiger,
Sie haben (leider) voellig Recht. Selbst hatte ich mich schon seit viele Jahren gewundert, dass die eigentlichen Verursacher all dessen, sich nicht schon aus Eigeninteresse etwas Zurueckhaltung auferlegen.Im Gegenteil, sie sind offenbar entschlossen, ihre Milchkuehe (ganz besonders die in der Mitte) nach dem Ausmelken auch noch zu schlachten.
Anders kann ich ihr Macht/Geschaeftsgebaren nicht deuten.
Ob es daran liegt, dass ihre Religion eine, zumindest Teilschonung, ihres Wirtes nicht vorsieht?
Mit freundlichen Gruessen
Hans Reinecker
Sarrazin dürfte wohl auch nichts weiter sein als ein U-Boot unter falscher Flagge.Geschickt nutzt er den Unmut in der Bevölkerung über Sozialschmarotzer ,die sich hier -mit kräftiger Förderung unserer Politiker – breit machen und auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung leben um Stimmung gegen den Islam zu machen.
Das Problem ist n i c h t der Islam sondern die Schmarotzer.Welcher Religion oder Volkszugehörigkeit diese angehören ist ohne Bedeutung.
Nach Sarrazin ist aber der ISlam an Allem schuld.Das erinnert sehr an Huntington,der das Drehbuch zum 3.WK schrieb.Der Islam gegen den sogenannten „Westen“.
Dazu passt jetzt sehr gut ,daß Stadtkewitz eine offenbar zionistische Partei gründen will,in der Sarrazin eine wichtige Rolle spielen könnte.
Nachtigall ich hör die trapsen !
Ich denke, Herr Sarrazin hatte den konkreten Auftrag auszuloten, was derzeit politisch geht und was eben nicht. Der Rest war eine riesige Politshow vom Feinsten.
Auf der einen Seite echauffierten sich die üblich Verdächtigen aus dem rot rot grünen Lager. Auf der anderen Seite hatten so die Politiker aller Parteien genügend Gelegenheit, die wahre Stimmung des Volkes zu analysieren und vor allem haben sich kurzzeitig ein Ventil geschaffen, um es etwas Druck aus dem Kessel abzulassen.
Denn es ist im Großen wie im Kleinen immer dasselbe. Einmal richtig aufgeregt und dann geht es trotzdem weiter im alten Trott.
Denn wenn Herr Sarrazi es wirklich ernst gemeint hätte, dann wäre ihm seine Pension egal gewesen. Er hat auch so genug Geld und bekam allein durch sein Buch genug dazu. Und es gibt derzeit mehr als genug interessierte Bürger, die von ganz allein gekommen wären.
Da wäre in Null Komma nichts eine schlagkräftige Partei entstanden, die schon in den bevorstehenden Landtagswahlen hätte ganz schön einheizen können.