Der Spatz im Gebälk

Am 5. 8. 2011 sah sich die Ratingagentur S&P der USA genötigt, das „AAA“-Rating der USA herunterzustufen, um die politische Einseitigkeit ihrer Entscheidungen nicht allzu offensichtlich in die Augen springen zu lassen. Das hat den USA aber nicht geschadet. Für jeden Dollar an neuen Anleihen, die das US-Finanzministerium verkaufen wollte, tauchten 3,04 zahlungswillige Dollar auf. Das ist das beste Verhältnis, seit derartige Zahlen ab 1992 unter George Bush erstmals veröffentlicht worden sind. Und das Verhältnis hat sich noch gesteigert. Zum Beispiel stellte sich am 20. 12. 2011 bei der Versteigerung einer Emission von 30 Mrd. Dollar an 4-wöchigen Anleihen ein Verhältnis von 9,07 $ Nachfrage für jeden Dollar angebotene Staatsanleihe ein und das, obwohl diese Papiere nahezu keine Zinsen bringen. Inzwischen denkt man in Washington ernsthaft über Negativzinsen der Staatsanleihen nach. Anleger müssten für den Besitz von US-Anleihen jährlich Zinsen zahlen. Im Jahr 2011 hatten US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit Gewinne von 25,6% an Zinsen und Kursgewinnen gebracht. Die Anleihen-Analystin bei der Credit Suisse Group AG in New York, spricht von einer  „fast nicht zu sättigenden Nachfrage“. Es gebe ein „signifikant schwindendes Angebot an risikolosen Anlagen in der Welt, und US-Staatsanleihen sind einige der wenigen verbliebenen.“ 1999 gab es eine nicht zu sättigende Nachfrage nach „risikolosen“ Aktien. 70 Millionen „baby boomer“ wollten sich damit auf den Ruhestand vorbereiten. Im Jahr darauf fielen die Aktienkurse. 2005 gab es die „nicht zu sättigende Nachfrage“ nach US-Immobilien? Aber 2007 war sie gesättigt. Nur die Forderungen auf Hypotheken behielten bis zum Zwangsverkauf der Immobilie – ihren Wert.

Woher kommt dieses Mal die „nicht zu sättigende Nachfrage“? Die von Goldman Sachs mit Hilfe griechischer Politiker in Gang gebrachte Schuldenkrise in Europa, an denen beide – die Bank und die Politiker (z.B. Papandreou) – über Kreditsicherungswetten (dank der „Rettung Griechenlands“ d.i. Geld für den Schuldendienst der europäischen Regierungen) hervorragend verdient haben, ist die treibende Kraft hinter dieser nachfragebedingten Stabilisierung der US-Staatsschulden. Diese Schulden dienen der Vorbereitung eines weiteren Nah Ost Kriegs und der Drosselung der Wirtschaftstätigkeit beim Wettbewerber Europa. Beides lässt Geldbesitzer die vermeintliche Sicherheit der US-Staatsanleihen aufsuchen und hilft den USA, die Kosten ihre Haushaltsdefizite, die seit vier Jahren jeweils über einer Billion liegen, zu begrenzen oder diese zu finanzieren – und zwar günstiger, als es noch in Zeiten von Haushaltsüberschüssen der USA war!

Ohne die Beihilfe der Politiker wären solche Manipulationen natürlich nicht möglich. Wahrscheinlich dient die eigenartige Kampagne gegen die kleinen Unredlichkeiten des früheren Ministerpräsidenten von Niedersachsen und jetzigen Bundespräsidenten dazu, von den großen Gaunereien der Berliner Geldbeschaffer für Capitol Hill abzulenken. Solche Gaunereien sind in Europa kaum aufzudecken, dafür ist die Verfilzung zwischen der Finanz- und Politik-Klasse viel zu alt und eingefahren. Trotz Finanzkrise genehmigen sich die Abgeordneten in Nordrhein-Westfalen gegen alle Proteste ab März eine Diätenerhöhung von 500 € pro Monat. Die Bezüge steigen damit auf 10.726 Euro pro Monat. Das beschloss der Düsseldorfer Landtag am Mittwoch am 8.2. mit klarer Mehrheit der Rot-Grünen und der oppositionellen Schwarzen. NRW war im vergangenen Jahr der größte Schuldenmacher unter den Bundesländern, sein Defizit belief sich im Jahr 2011 auf 2,9 Mrd. € und lag damit noch vor dem Niedersachsens (2,5 Mrd. €).

In den USA sind die Folgen solcher Gaunereien aus vielerlei Gründen durchsichtiger, wahrscheinlich weil sie als „wirtschaftlich clever“ gelten. Dort schafften es in den letzten Jahren rund 250, also fast die Hälfte, der Kongress-Mitglieder in die Gruppe der Millionäre aufzurücken. Die Reichtums-Schere zwischen Gesetzgebern und ihren Wählern wächst dort umso schneller je übler ihre Politik wird. Das gilt sogar jetzt noch, wenn der Kongress über Haushaltssanierung durch Kürzungen der Sozialprogramme z.B. der Nahrungsmittelhilfe und zum Ausgleich über eine „Millionärssteuer“ debattiert. Doch das eigentliche Geschäft bringt die Außenpolitik der USA und ihrer Satrapien. Viele der größten Produzenten des Landes sind Waffenhersteller – Lockheed Martin, Raytheon, Northup-Grumman, L3 und KBR. Die „erfreuliche“ Zunahme der Beschäftigtenzahl in den USA ging größtenteils auf Neueinstellungen in die Rüstungsindustrie und in den Staatsapparat zurück.

Über 40% der amerikanischen Industrieproduktion findet in der Verteidigungs-Industrie statt. Die profitabelsten Geschäfte machen aber die 2.000 Dienstleistungs-Unternehmen, die ihr Geld mit Anti-Terror-Maßnahmen, mit „homeland security“, militärischer und ziviler Spionage und ähnlichem verdienen. Viele Amerikaner werfen der Regierung vor, sie vergebe „Auslandshilfe“ an arme Länder, die dort von der korrupten Oberschicht verschwendet würden. Doch zwei Drittel der US-Auslandshilfe sind in Wirklichkeit Militärhilfe, so dass das Geld an die Lieferanten des Pentagons, ihre Lobbyisten und an die Politiker zurückfließt, die von diesen umworben werden. Der Rest der „Hilfen“ geht als Zinszahlung an die US-Banken. Das US-Verteidigungsministerium plant im laufenden Jahr zusätzlich Investitionen von 17 Mrd. $ in die Ausbildung ausländischer Soldaten und Polizisten zu Auxiliartruppen der USA. 1,1 Mrd. $ sollen zum Beispiel die pakistanische Regierung für angebliche Anti-Aufstands-Bemühungen bekommen. Am interessantesten sind die 415 Mio. $, die für die beiden Programme „Combatant Commander Initiative Fund“ und „Commander Emergency Response Fund“ vorgesehen sind. Es handelt sich um schwarze Kassen, mit denen US-Kommandeure „Rebellen“ anwerben können.

Schon immer dienten Regierungen vornehmlich dazu, die Herrschenden auf Kosten der Mehrarbeit ihrer Untergebenen reich zu machen. Die Demokratie hat lediglich den alimentierten Apparat – wie Medien und Politiker – für die im Laufe der Jahrhunderte zahlenmäßig sehr geschrumpften herrschenden Klasse aus Stabilitätsgründen ausgeweitet. Mit dem Willen des Wahlvolkes hat das nicht viel zu tun. Abgesehen davon dienen die Medien vorwiegend dazu, die Meinungen des Wahlvolkes in der gewünschten Weise zu formen („informieren“, in Form bringen) und werden dank der rudelweise  beteiligten Psycho- Sozio- und anderen -Logen immer erfolgreicher. Oder meinen Sie, die Wähler billigten ohne die entsprechende Manipulation:

–       wenn die Bundeskanzlerin grob fahrlässig oder gar mit Absicht deutsche Steuergelder zur Unterstützung von Banken verschleudert. Diese Banken hatten sich übernommen und Kundeneinlagen veruntreut, weil sie auf ebenso grob fahrlässige Weise oder absichtlich Kredite an marode Staaten und offensichtlich zahlungsunfähige Großspekulanten vergeben und sich dabei verspekuliert hatten. Aus staatsrechtlicher Sicht setzten sich Kanzlerin und Parlament dadurch dem dringenden Verdacht des Hochverrats aus.

–       Oder wenn die Bundesregierung auf Grundlage ihr bekannter, gefälschter Angaben einen weitgehend unwahrhaftig dargestellten Krieg in Afghanistan führt, einen Krieg den sie wegen der (staats-)rechtlichen Konsequenzen  offiziell nicht so nennen darf.

–       Oder wenn sie eine offensichtlich weltweit konzertierte, widerrechtliche Kriegshetze gegen die souveränen Staaten Iran und Syrien wie zuvor gegen Libyen und andere friedliche Völker betreibt, sich an Embargos und Sanktionen gegen diese Staaten mit dem erklärten Ziel beteiligt, deren amtierende Regierungen wie zu vor schon in Afghanistan, im Irak und Libyen gegen willfährige Satrapen-Regime auszutauschen.

„Aber sie unterstützt doch nur die unterdrückte Opposition aus Gründen der Menschenrechte!“ sagen Ihnen die Medien vor. In Libyen gab man vor, durch ein Flugverbot Rebellen vor dem Militär der Regierung zu schützen. Tatsächlich schützte man eingeschleuste Terroristen, die von britischen, französischen und amerikanischen Sondereinheiten ausgerüstet und geleitet wurden, dazu reguläre Truppen aus den arabischen Feudal-Emiraten, in denen noch Fremdarbeiter wie Sklaven gehalten werden. Man gab vor, die Zivilbevölkerung zu schützen und flog 26.000 Kampfeinsätze  gegen Wohnviertel, um den raubenden und mordenden „Rebellen“ den Weg frei zu bomben. Man zerstörte Krankenhäuser, Fabriken und Versorgungseinrichtungen und ließ sich das durch die Rücklagen der früheren Regierung Libyens in den Banken großzügig bezahlen. Am 9.2. berichtete das israelische Portal Debka unter Berufung auf eigene Quellen im Aufklärungsdienst, dass britische und katarische Soldaten in Syrien tätig sind. Das wird amtlicherseits natürlich entrüstet bestritten, dagegen meint der israelische Politikwissenschaftler Alexander Eterman laut Stimme Russlands: „Es gilt als allgemein bekannt, dass es dort (in Syrien) britische, israelische, amerikanische und französische Sondertruppen gibt.“

Damit steht Aussage gegen Aussage und Sie können getrost Ihren vertrauten  Medien und Regierungen folgen. Ihre Medien haben Ihnen auch erzählt, dass in Berlin zwei, später vier syrische Spione verhaftet worden seien, die Exilsyrer einschüchtern sollten. Der mir persönlich bekannte Christoph R. Hörstel, sagt dazu, dass es sich um Personen handelt, die „gemeinsam mit mir einen Verein für deutsch-syrische Freundschaft gründen wollten. Einer aus dieser Gruppe ist noch in Haft, ein Botschaftsmitarbeiter. Er und eine zunächst ebenfalls festgenommene syrischstämmige Bekannte, die seit 25 in Deutschland lebt, wollten meine Reise nach Syrien organisieren“ (wohl, um ihm ein medienfreies Bild von der dortigen Lage zu verschaffen). Wem kann man mehr glauben, dem afghanisch sprechenden Hörstel, der zeitweise für die Bundeswehr die Einsatzkräfte in Afghanistan ausgebildet und sich dann angeektelt von den seltsamen Waffenlieferungen der CIA an die Taliban-Aufständischen berichtet und sich aus diesem schmutzigen Geschäft unter Protest zurückgezogen hatte, oder dem BKA (mit seinen eigenartigen Aktionen mit oder gegen mordende sogenannte Nazi-Terrorbanden) und unserem politisch geknickten Außenminister in den Medien. Bürger oder Promi-Fingerpuppen – Sie haben die Wahl?

„Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst“ über solche Sprüche lässt sich folgenlos leicht plaudern – so lang der Krieg „fernab in der Türkei“ (Goethe) stattfindet. Was sich mit den jüngsten Ungeheuerlichkeiten andeutet, ist aber mehr. Regime müssen verzweifelt sein, wenn sie zu solch verlogenen oder tatsächlichen Ungeheuerlichkeiten greifen. Solange die Ursachen ihrer Verzweiflung nicht behoben werden, können die Ungeheuerlichkeiten nur eskalieren. Wie weit wollen Sie es eskalieren lassen? Etwa so weit, dass im Nahen Osten der Dritte Weltkrieg gezündet wird?

Der russische Außenminister Sergej Lawrow kann keine Fortschritte in den russisch-amerikanischen Verhandlungen über das Raketenschutzschild-Problem erkennen. „Die Konsultationen werden zwar fortgesetzt, ich sehe aber keinen Lichtblick“, sagte Lawrow am 4.2. bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Russland „begrüßt alle Bemühungen zur Wiederherstellung des Vertrauens“ zwischen den Ländern, „im realen Leben ist aber leider nichts geschehen; es ist zu keinen Veränderungen gekommen.“ Die Nato hatte im November 2010 bei ihrem Gipfel in Lissabon beschlossen, mit den USA ein Raketenabwehrsystem in Europa zu errichten. Unter anderem sollen ein Radar in der Türkei, SM-3-Abfangraketen in Rumänien und Polen sowie US-Lenkwaffenschiffe in Spanien eingesetzt werden. Als Vorwand dienen mögliche aber höchst unrealistische Raketenangriffe aus dem Iran. Tatsächlich dient ein solches System dazu, Russland daran zu hindern, nach einem Erstschlag aus dem Westen einen Vergeltungsschlag führen zu können. Der einzig erkennbare Zweck solcher „Abwehr“-Raketen: Sie erleichtern die Entscheidung für einen Erstschlag gegen Russland. Auf ähnliche Weise wurde auch China ringsum mit derartigen „Abwehr“-Raketen umstellt.

Wie lange werden China und Russland aber auch andere Schwellenländer zusehen, wie man sie langsam einkreist, das soziale Gefüge der angrenzenden Länder mit Hilfe bezahlter Rebellen und Terroristen zerstört, die Regierungen durch US-Marionetten ersetzt und in den Ländern Militärstützpunkte vollgestopft mit Aggressionsmaterial errichtet. Selbst wenn die Länder eingeschüchtert zusähen, bis auch bei ihnen die „farbige“ Revolution schließlich Erfolg hat, wer sollte die dann grenzenlos Herrschenden hindern, mit ihrem Programm, die Anzahl der Menschen auf bis zu 500.000 Exemplare herunter zu fahren, Ernst zu machen. Nur Ihr leichtfertiger Glaube, dass man es im Westen doch nicht so weit treiben werde, oder – wenn schon – wenigstens Sie persönlich nicht von den Folgen betroffen wären? Macht korrumpiert, grenzenlose Macht korrumpiert grenzenlos.