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Der Spatz im Gebälk

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Nur Gespenster? Der nächst spatz erst 6.10.

21. September 2018 von admin

Krisenherde häufen sich. Der Brexit, der US-chinesischen Handelskonflikt, die Finanzsituation Italiens (Südeuropas) und der Türkei aber auch der Welt insgesamt (bei 235 Billionen Schulden, dem Dreifachen des BIP der Welt, und das ohne die Forderungen aus Derivat-Kontrakten) bedrohen mit den Wirtschaftsabläufen die Versorgung der Menschen. Weniger bekannt ist, dass der europäische Bankensektor über 700 Milliarden Euro nicht bedienter Darlehen in den Büchern stehen hat und ungeheure Blasen in den verschiedenen Assets (angebliche „Vermögens“-Kategorien) wie Immobilien, Renten, Aktien und in sonstigen „Wert“-Papieren aufgepumpt wurden. Dem perspektivlos regierten, alten Europa droht dazu noch eine Schrumpfvergreisung, deren Auswirkungen der Zuzug von potentiellen Sozialhilfeempfängern aus den Ländern des sogenannten „Non Integrating Gaps“, nicht mildert. Entfacht wurde dieser Zuzug vor allem aufgrund der achtzigjährigen, zur Bereicherung der westlichen Großbanken nur vorgetäuschten Entwicklungshilfe zur Verhinderung der Industrialisierung dieser Länder. Hinzukommt ein Wirtschaftssystem, das system-bedingt zur Verarmung der Binnen-Bevölkerung (trotz ungeheurer Steigerung der möglichen Arbeitsproduktivität der Gesellschaft) führen muss, sobald es weltweit gilt und keine externen Profitquellen mehr angezapft werden können.

[zur Erklärung der System-Bedingtheit möglichst knapp die Grundbedingungen: 1. Als einziges Produktionsmotiv bleibt dem westlichen Wirtschaftssystem die Aussicht auf Geldzugewinn. 2. In diesem System sind die Geld-Erlöse der einen aber nur immer gleich den Geld-Kosten (Aufwendungen) der anderen (ein Drittes gibt es nicht – woher auch) 3. Geldgewinne sind also vorwiegend auf zwei Wegen möglich a) über zusätzliche Geldschöpfung, die im System identisch mit der Anhäufung von Schulden ist, b) durch Drosselung der Produktion (sobald die Vermögens-Konzentration dies ermöglicht). Denn das als Kosten (Lohn, Steuern, etc.) verausgabte Geld lässt sich wirtschaftlich, das heißt mit Gewinn, nur über Preiserhöhung der Versorgunsgüter zurückholen. Höhere Preise erzielt man systembedingt nur über ein auf die Zahlungsfähigkeit möglicher Kunden zurückgedrosseltes Angebot. (Dabei wirken sich marktbedingt wieder nur Umverteilungseffekte mit weiteren Zentralisierungstendenzen der „Vermögen“ aus.) 4. Da beim erreichten Stand der Vermögens-Konzentration die Tatsache unter 3. immer deutlicher in Erscheinung tritt, werden immer größere Vertuschungs-Anstrengungen nötig. Die Folge: Sogenannte Informationen klären nicht mehr auf, sondern sollen vorwiegend in eine (gewünschte) Bewusstseinsform bringen, d.h. manipulieren. Die Verbreitung von sogn. Fake News findet aber ihre natürliche Grenze an ihrer Überzeugungsfähigkeit. Man glaubt den offiziellen Verlautbarungen und etablierten Medien-Unternehmen immer weniger. Der Politikwissenschaftler Arnulf Barning hatte treffend gesagt: „Die öffentliche Verlogenheit hat ein Ausmaß erreicht, das die Behandlung realer Probleme unmöglich macht.“ (Zitiert nach http://www.buerger-fuer-technik.de/2018/2018-Q3/2018-08-21-alt-wind.pdf) 5. Das System implodiert von den Rändern aus zusehends.]

Natürlich lässt sich der Zusammenhang unter Einbeziehung von Sonderfällen komplizierter darstellen und aus individueller Perspektive auch so, dass dabei weniger Erkenntnis des Gesamtprozesses herauskommt. Gefährlicher ist, dass die westliche Führungsclique aus Dummheit oder wegen suizidaler Tendenzen auf eine verkürzte Endlösung (Krieg) drängt. Das zeigen die jüngsten Kriegsvorbereitungen der Ukraine am Asowsche Meer mit massiven neuen Waffenlieferungen und immer mehr Ausbildern und strategischen Führungskräften aus dem Westen. Ein anderes Indiz liefert die deutsche politische Klasse, die sich in der vergangenen Woche an der von den USA, England und Frankreich entfachten Diskussion über einen möglichen Syrienangriff in positiver Absicht beteiligt hat, ohne das Gutachten ihres eigenen Wissenschaftlichen Dienstes über die Völkerrechtswidrigkeit eines solchen Angriffs zu berücksichtigen.

Abgesehen von der fortschreitenden Waffenanhäufung in Europa an der Grenze zu Russland verkündete am 17.9. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in einem Interview mit dem Portal „Axios“ sinngemäß, die Nato könne sich im Fall von „Cyberattacken“ seitens Russlands auf die Anwendung von Artikel 5 berufen, der den Bündnisfall auslöst. (https://www.axios.com/donald-trump-jens-stoltenberg-montenegro-nato-article-5-7cacf422-e4e1-4818-ad6a-aa46467233b2.html)  „Das Wichtigste ist, dass wir unsere Bereitschaft für die bedarfsmäßige Ausrufung des Artikels 5 klar ausgedrückt haben und auch, dass wir unsere Cyber-Abwehr bei Übungen verstärken sowie in moderne Cyber-Fähigkeiten investieren“, erklärte er, und auch, dass die Nato bei ihren Operationen Cyber-Mittel verwenden könnte – aber nur in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht. So so, etwa auf eine Weise wie zur Zeit in Syrien und davor in Libyen und davor … Mit angeblichen Cyber-Angriffen lassen sich Kriege nun noch einfacher auslösen als bisher, weil sich die Herkunftsorte von Cyber-Angriffen von entsprechenden Fachleuten im Netz territorial beliebig vortäuschen und zuordnen lassen.

Dass solche Vortäuschungen nicht abwegig sind, zeigen Beispiele aus der Geschichte: Um 1898 einen Grund für den beabsichtigten Krieg gegen Spanien zu bekommen, haben die USA selbst ihr Kriegsschiff mit 300 Soldaten an Bord im Hafen von Havanna gesprengt und das den Kubanern unterstellt. Wie viele Provokationen der USA waren nötig, um den Angriff Japans auf Pearl Harbor im Zweiten Weltkrieg auszulösen? Grenz-Scharmützel lieferten den Vorwand für den Koreakrieg. Ein inszenierter Vorfall im Golf von Tonkin bot offiziell den Anlass für den Beginn des Vietnamkriegs. Die sehr eigenartigen Ereignisse um 9/11 (um es vorsichtig auszudrücken) setzten den Krieg gegen den Terrorismus in Gang. Dieser Krieg war der Beginn der von Steven R. Mann bereits 1992 konzipierte „Strategie Chaos“, die dann von Admiral Arthur K. Cebrowski als Chef des Office of Force Transformation militärisch-taktisch ausformuliert und unter US-Präsident Bush 2001 als US-Strategie offiziell in Gang gesetzt worden ist. Nicht vorhandene Massenvernichtungswaffen mussten den Irakkrieg rechtfertigen. Inszenierte Aufstände und angebliche Angriffe auf die eigene Bevölkerung rechtfertigten die Zerstörung Libyen, des wohlhabendsten Landes in Nordafrika. Dabei wurden immer Spuren hinterlassen, die letztlich die Verursacher mit ihrer Absicht bloßstellten, jedenfalls für diejenigen, die nicht um jeden Preis wegsehen wollen. Bei Cyber-Aktivitäten wird eine solche Spurensicherung weniger überzeugend bis unmöglich.

Was die Verteidigung der „Werte“ der westlichen „Wertegemeinschaft“ betrifft, um die es dabei angeblich gehen soll, so zeigen ein paar Beispiele, was von diesen „Werten“ praktisch zu halten ist: Kürzlich hat Admiral William H. McRaven dem US-Verteidigungsministerium seinen Rücktritt aus dem Advisory Council of Innovation angeboten. Der Mann war als Kommandant der Operation Neptuns Speer bekannt geworden, bei der am 2.5.2011 angeblich Osama Bin Laden in seinem Haus in Abbottabad, Pakistan, auf Befehl des US-Präsidenten Obama ermordet wurde. Dem Geschehen widersprach allerdings Pakistan nicht nur, weil es sich um einen völkerrechtswidrigen Verstoß gegen seine Souveränität handelte, sondern weil Osama Bin Laden damals nicht in Abbottabad wohnte, sondern schon im Dezember 2001 in Afghanistan gestorben sei. Das war nicht die einzige Leistung des Admirals. Am 5.3.2013 rühmte er sich in einer Senatskommission stolz, dass seine Special Forces ähnliche Operationen (politische Morde) in 78 Ländern der Welt entweder direkt oder durch die Schulung örtlicher Helfer durchgeführt haben. Präsident Obama hatte McRaven mit der Schaffung eines Netzes von Spezialkräften Joint Task Force im USSoCom beauftragt. Die Spezialeinheiten sollten eingesetzt werden, um mit militärischen Mitteln unkonventionelle Kriegs-Operationen durchzuführen, vor allem um Unruhen auszulösen und/oder politische Gegner zu ermorden. Washington bestreitet die Existenz solcher Missionen zwar jeweils, stellt dafür aber ein jährliches Budget von mehr als $ 10 Milliarden zur Verfügung. Vgl. https://www.armed-services.senate.gov/imo/media/doc/13-07%20-%203-5-13.pdf. In seinem Buch Spec Ops: Case Studies in Special Operations Warfare – Presidio Press 1996, beschreibt William H. McRaven auf 432 Seiten die wildesten US-Kommando-Operationen bis zum möglicherweise vorgetäuschten Mord an Osama Ben Laden in Pakistan.

John O. Brennan (CIA-Direktor 2013-17) hatte das Ermordungs-Programm der CIA durch ferngesteuerte Drohnen entwickelt und in diesem Zusammenhang eng mit Admiral McRaven zusammengearbeitet. Er war deshalb mit General Michael T. Flynn vom militärischen Nachrichtendienst in Konflikt geraten. Als erster National Security Advisor von Präsident Trump hatte Flynn Brennan entlassen und versucht, die CIA für saubere Nachrichten-Missionen statt der außergerichtlichen Liquidation seiner Feinde zu reorganisieren. Er verlor den Machtkampf. Brennan fand Rückhalt beim Establishment und führte den politischen Kampf gegen Trump, indem er ihn mit Hilfe der gesamten „anerkannten“ Medien der USA beschuldigte, russischer Agent oder zumindest mit Russlands Wahlbeeinflussung ins Amt gehoben worden zu sein. Trump hat Brennans Geheim-Akkreditierung am 15. August 2018 widerrufen, doch die Kampagne läuft weiter.

Die stellvertretende Premierministerin für europäische und euroatlantische Integration der Ukraine, Iwanna Klympusch-Zynzadse, hat in einer Sendung des TV-Senders „Prjamoj“ verkündet, dass die Ukraine ein „Vorposten der westlichen Zivilisation“ sei. Das könnte, wenn man das Niveau der Russlandhetze dieser, laut Assistant Secretary of State Victoria Jane Nuland im Dienst des US-Außenministeriums für 5 Mrd. Dollar gekauften ukrainischen Regierung, in Rechnung stellt, inzwischen sogar leider stimmen.

Doch sucht den Fehler nicht im neo-liberalen Fehlverhalten „der Politiker“! Der Web-Fehler liegt im System der Marktgesellschaft (dabei geht es nicht um die Existenz freier Märkte, sondern um die Regelungen der gesellschaftlichen Verhältnisse in letzter Instanz durch den Markt), die sich über Jahrhunderte aus der abendländischen Gesellschaftsformation heraus entwickelt hat und erst heute voll zur systemischen Entfaltung kommt. Mehr dazu in meinem Buch: Der Westen, ein Abgesang, Entstehung und Zukunft der westlichen Marktgesellschaft. Der gut belegte Text kann als PDF-Datei für € 15 per e-mail über boettigerdrh@web.de erworben werden. (Eine Buchveröffentlichung wird im Imhof Verlag Petersberg (384 Seiten) vorbereitet).

Geschrieben in Allgemein | Kommentar

1 Reaktion zu “Nur Gespenster? Der nächst spatz erst 6.10.”

  1. am 22 Sep. 2018 um 07:071Cato

    Also der letzte Ausweg aus der Krise: Krieg!

  • Helmut Böttiger – Der Westen. Ein Abgesang

    Im „Westen“ zeigt sich ein Zer­setzungs­prozess, der ihn „weltpolitisch an eine historische Wegscheide, wie sie die Welt nur alle paar Jahrhunderte erlebt“ geführt hat (Siegmar Gabriel am 17.2.2018). Der Zersetzungspilz kommt nicht von außen, sondern ist die Folge der Umwandlung der abendländischen Gesellschaftsformation eine neue, am reinen Geldgewinn orientierte „Marktgesellschaft“ (Karl Polanyi) in den letzten 300 Jahren.

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