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Der Spatz im Gebälk

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Geld, Kredit, Staatschulden, „Todesspirale“

8. Mai 2010 von admin

Öl ins Feuer
Würden sie Feuer mit Benzin löschen? Sie seien kein Selbstmörder und nicht verrückt, werden sie antworten. Sie wählen aber Politiker, die genau das tun und zwar im Auftrag. Die gegenwärtige Krise ist eine Überschuldungskrise und soll durch eine Neuverschuldungsorgie überwunden werden. Immer mehr Wirtschaftssubjekte werden wegen Überschuldung „kreditunwürdig“ und damit zu Objekten. Banken haben, um die Kreditwürdigkeitsschranke zu umgehen und die Boni ihrer Bosse zu rechtfertigen, begonnen sich gegenseitig Kredit zu geben. Sie haben diese Kredite in schönes Papier verpackt und an Leute verkauften, die Geld (Forderungen) hatten, ohne zu wissen, wie sie es sinnvoll nutzen konnten. Derivate sind nichts anderes als Kredite auf Kredite oder anders ausgedrückt, Schulden auf Schulden. Um die Luftnummern zu erkennen, achte man auf das Verhältnis der Bank-Forderungen zu ihren Aktiva und – um die Werthaltigkeit dieser Forderungen zu beurteilen, auf das Verhältnis der Bankforderungen zum Bruttoprodukt der Welt, das den Banken zugänglich ist, weil es in Dollar oder Dollarderivate (Euro, Yen und ähnliche) ausgewiesen wird. Um dieses Bild zu verbessern, schulden Banken nun um, das heißt, sie dienen allzu luftige Kredite den Staaten gegen Anrechte auf deren Steueraufkommen an. Sie gewähren den Regierungen gegen Zinsen Kredit, um damit den „Bail Out“ der Banken finanzieren. Geht es wahnsinniger?
Seit 1971 haben auf dem Weltmarkt umlaufende Dollar, also Forderungen an die US-Volkswirtschaft, um 2900%, also rund 72% pro Jahr, zugenommen. Zwischen 1950 und 1970, als der Goldreserve-Standard von Bretton Woods den USA die Geldpolitik ihrer „Verbündeten“ auslieferte, war der Dollarumlauf insgesamt nur um 51 Prozent gestiegen und das hatte den Dollar im August 1971 doch an den Rand der Implosion gebracht. Die Dollarflut, welche die sechs Eigentümer der Federal Reserve gegen ein entsprechendes Entgelt in die Welt gepumpt haben, hat die Güterpreise nur zum Teil inflationiert, weil sich die Nachfrage nach Dollar entsprechend steigern ließ. Einen großen Teil davon band die Flut an Wertpapieren, mit denen man einfalllose Geldbesitzer abmolk. Dieses Spiel wurde 2007/8 umgestellt und deren schwindende „Kreditwürdigkeit“ von Regierungen im Vertrauen auf ihre Steuermacht übernommen. Nun ist auch diese verspielt.
Das Löschen der Schuldenkrise (Feuer) durch neue höhere Staatsschulden (Benzin), ist das Rezept, das Ihnen die Bankiers-Knechte in Regierungen und Medien als nötigen Schritt zur Stabilisierung des Euro verkaufen. Griechenland erstickt an einer über die Jahre von den „economic hitmen“ von Goldman Sachs geleiteten Überschuldung. Nun sollen diese Schulden gegen jede Logik und sogar gegen das EU-Recht durch die Steuerzahler der anderen Länder gestützt werden.
Solange die Schuldscheine im Kasten liegen und das Bündel der alten Schuldscheine bei Fälligkeit durch ein dickeres Bündel neuer ersetzt wurde, blieb die Welt scheinbar in Ordnung. (Früher nannte man so etwas „Wechselreiterei“). Plötzlich treten die „anerkannten“ Rating-Agenturen – Moodys, Standard & Poors und Fitch – auf den Plan. Sie haben bisher die „Kreditwürdigkeit“ kleiner Fische relativ bieder eingeschätzt, waren aber jedes Mal merkwürdig zurückhaltend bei den Finanztricks, mit denen die Großen der Wall Street ihr Dollarsystem aufgeblasen haben. Alarm gaben sie 1997 erst Monate, nachdem Soros und Co. Thailand und andere Tiger-Staaten mit einer gewaltigen Spekulationsblase in den Jordan gestoßen hatten. Als die Internet-Blase aufgepumpt und die Kapitalisierung von Firmen außer einigen Schreibtischen, Telefonen und PCs ohne Substanz in Milliarden Höhe hochgejubelt und an den Mann gebracht waren, kamen diese Agenturen wieder zu spät. Wo war ihr Aufschrei als US-Unternehmen, allen voran Enron, mit betrügerischer Buchhaltung „Investoren“ das Geld aus der Tasche zogen. Sie haben Schwindel gedeckt, indem sie den Verbriefungen der Sub-Prime-Hypotheken die höchste Werthaltigkeit mit AAA bescheinigten. Goldman Sachs konnte seinen Schnäppchenjäger-Kunden Verbriefungen von Krediten, also von Schulden, die bekanntlich weniger als nichts wert sind, nur aufs Auge drücken, weil S&P und Moodys sie mit AAA-Rating bewertet hatten.
Plötzlich entdeckten diese Agenturen, dass die Staatsanleihen Portugals, Irlands, Italiens, Griechenlands, Spaniens nichts wert sind (Noch 2010 werden nach Angaben der Bank of America Anleihen dieser Staaten im Wert von 614 Mrd. $ und bis 2013 im Wert von 1931 Mrd. $ fällig). Ähnliches gilt für den Rest der EU. Die Staaten werden schon bald nicht die Steuern eintreiben können, um nur die Zinsen zu zahlen. Die Krawalle in Griechenland deuten die Grenzen der Steuer-Eintreiberei an. Aber warum sagen die Agenturen es erst jetzt, und was sagen sie zu Kalifornien, zu den USA? Natürlich ist das „Rettungspaket“ von EU und IWF für Spekulanten in Staatsanleihen letztlich substanzlos. Wie in allen Krisen gilt, die ersten beißen die Hunde, wer am längsten durchhält, bekommt alles. Darauf spekuliert die Wall Street mit ihrer FED. Sie kann es, weil sie ihre willfährigen Diener in den europäischen Parlamenten und Regierungen von grün bis schwarz sitzen haben. Die Rating-Agenturen haben die Aufgabe die wenigen Nochgeldbesitzer in die USA zu treiben.
Als man weltweit erkannte, dass sich US-Schatzanleihen immer schwieriger verkaufen lassen, weil potentielle Käufer wegen der amerikanischen Staatsdefizite ins Grübeln kamen, stufte Moodys im November 2009 plötzlich das Rating Griechenlands herunter, und Griechenlands Premierminister Papandreou machte Goldman Sachs zu seinem Berater. Washington und die Wall Street nutzen Rating-Agenturen als Finanz-SS in der Eurozone. Die plötzliche Griechenlandwarnung schürte wieder einmal die Furcht vor einer Krise in Europa und trieb zur Flucht aus dem Euro in den Dollar an. Die Arbeitsweise der Agenturen Moody, S&P und Fitch und ihre theoretischen und methodischen Grundlagen sind aus gutem Grund „geheim“. Amerikanische Gerichte haben entschieden, dass sie aus Security-Gründen nicht offenzulegen sind, auch der US-Kongress, der um die strategische Bedeutung der Rating-Agenturen weiß, hat die Offenlegung abgelehnt. Die Agenturen sind die Unterhändler einer Schutzgeld-Erpresserbande. Die US-Army fungiert als Schlägertruppe, die den Drohungen „Nachdruck“ zu verschaffen hat und wird dazu auch gelegentlich möglichst spektakulär brutal irgendwo zum Einsatz gebracht.
Nicht nur der bekannte US-Ökonom Nouriel Roubini warnte vor einer „Todesspirale der Schulden“, jeder Ehrliche sollte es. Bei „Schulden“ stimmen Sie der Bezeichnung „Todesspirale“ gerne zu, aber auch bei „Kredit“, dem Lebenselixier der Wirtschaft, womit Ihre Politchefin Merkel die Geldspenden zur „Rettung“ der Banken aus Spielschulden rechtfertigt? Sind Kredit und Schulden nicht dasselbe? Erst Lebenselixier, dann Dope, insgesamt Todesspirale, wie Heroin? Aber wer denkt schon über den nächsten Schuss hinaus?
Kommen wir auf Fragen der letzten Woche zurück! Wir leben vom Stoffwechsel mit der Natur. Realer Gewinn wäre, den Prozess des Stoffwechsels besser unseren Bedürfnissen (Nahrung, Kleidung, Wohnung, Kultur) anzupassen. Dies hat nach heute herrschender Lehre freiheitlich, individualistisch zu erfolgen. Das ist Ideologie, denn der Stoffwechsel ist nur in gelungener Zusammenarbeit zu optimieren. Daher muss der Tausch (Markt) als Substitut der Gemeinsamkeit einspringen. Austauschmittel ist das Geld. Geldgewinn als bevorzugter Anspruch auf den Ertrag des Stoffwechsels wird zum Hauptmotiv wirtschaftlicher Tätigkeit.
Geldgewinn ist nur zu realisieren, wenn mehr Geld in den Marktkreislauf einfließt, weil in diesem Kreislauf notwendigerweise nur die Geld-Kosten die Geld-Erlöse ermöglichen. Wie kommt das Mehr-Geld für den Gewinn in den Markt? Durch Kredit! Sie wollen einen Kredit von der Bank. Die Bank nimmt Null Geld und teilt es mathematisch in einen +Betrag und einen -Betrag. Über den +Betrag können Sie verfügen, der -Betrag steht auf Ihrem Schuldkonto bei der Bank. Wenn Sie den Kredit zurückzahlen, nehmen Sie die eingebrachte Geldsumme wieder aus dem Markt, sie verschwindet. Dabei treten zwei Probleme auf. Hauptproblem ist, wie wird erreicht, dass die Summe des auf diese Weise neugeschaffenen Geldes mit dem „Wert“ der neu geschaffenen Güter übereinstimmt und die Bank nicht beliebig Kreditgeld kreieren und damit die Güterpreise inflationieren kann.
Die Bank ist ursprünglich interessiert und gehalten (durch bestimmte Regelungen ihrer Zentrale, der Zentralbank), Kredit nur dem einzuräumen, der ihn produktiv umsetzt und so mehr Güter also mehr Wert schafft. Damit sie das tut, wird sie über den Zins am Geldgewinn des Produktionserfolgs beteiligt und – weil das nicht genügt – noch verpflichtet einen geringen Teil des vergebenen Kredits bei der Zentrale zu hinterlegen. Vergessen Sie die Details, sie werden künstlich verkompliziert. Aber vergessen Sie auch den verbreiteten Irrglauben, die Zentralbank oder der Staat würden Geld „drucken“, nur weil auf dem Geldschein ein unleserliches Indossament ohne nähere Angabe das anzudeuten scheint. Der Geldschein ist ohnehin „Peanuts“, richtiges Kaufgeld steht in den Konten bei der Bank. Dieses Geld schafft nur die Geschäftsbank, keine Zentralbank, schon gar nicht ein Staat. (Deren Gesetze und Vorschriften sollen nur die Kreditvergabe in gewissen Grenzen halten). Die Geldvernichtung bei Rückzahlung verweist auf das zweite Problem: Woher kommt das Geld, das Geldgewinn und Zins Dauer verleiht? Denn zahlt der erfolgreiche Produzent aus dem Erlös seinen Kredit zurück, verschwindet das Geld wieder aus dem Markt, die Folge wäre ein entsprechender Nachfrage- und Preisverfall aller Güter. Die zeitliche Verzögerung bei der Abwicklung kommt dem Produzenten und der Bank nur kurzfristig zugute. Mittel und langfristig deflationiert die Kreditrückzahlung die Wirtschaft, schon weil nicht einmal für den Zinsgewinn der Bank das entsprechende Geldvolumen bei der Kreditschöpfung mit erzeugt wurde. Geldvermehrung auf Dauer gelingt nur, wenn in der Zwischenzeit andere durch Kreditaufnahme für eine entsprechende zusätzliche Geldversorgung und Nachfrage gesorgt haben
Die Akkumulation des Zinsgewinns ist die Peitsche, mit der Güter-Produktion und -Absatz unerbittlich ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Gewinn, nämlich die Verbesserung der Stoffwechselverfahren, vorangetrieben werden. Der Geldbeschaffungsdruck führte u.a. zur Ausweitung der unproduktiven Produktion, d.h. zur Anregung sinnloser Konsumwünsche durch Mode, Konsumkredit, Kriege, unsinnige Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, wie z. Z den Bau von „Wind- oder Sonnenkraftanlagen“ u dgl. In dem Maße, indem über die Ausweitung des Kredits die umlaufende Geldmenge auf dem Markt zunimmt, wächst die Verschuldung. Umgekehrt proportional zur Verschuldung sinkt die Kreditwürdigkeit, wird es für die Bank schwieriger verlässliche Kreditnehmer für die Geldschöpfung ihre eigentliche Gewinnquelle zu finden. Dieser Zusammenhang ist die „Todesspirale“ des Geldgewinnsystems. Deshalb konnte der Banken Bail Out nur die Spekulation und nicht die Kreditausweitung ankurbeln.
Was aber, wenn der Kreditnehmer Pleite gemacht hat und seinen Kredit nicht zurückbezahlt? Die Bank übernimmt die hinterlegte „Sicherheit“ und das Geld bleibt auf dem Markt. Um wieder an ihre Regeleinlage bei der Zentralbank zu gelangen bucht die Bank den Minus-Betrag zu den Verlusten. Weil diese die Billanz unschön aussehen lässt, überträgt man sie lieber auf andere, „verkauft“ sie als „Verbriefungen“ auf den Finanzmärkten. Die Folge: Geld verlagert sich vom Gütermarkt auf den Finanzmarkt, produktive Arbeit wird durch Dienstleistungen und unproduktive Arbeit oder Arbeitslosigkeit ersetzt, der Lebensstandard implodiert. Warum man das zulässt? Seit Adam Smith und John Stuart Mill, weiß jeder der bis zum Schluss liest, dass der Markt nur das revolutionäre Mittel zur Überführung der Macht von der Militärelite (Adel) auf die Finanzelite war. Die Finanzimplosion am Ende ermöglicht die endgültige Umstellung. Danach beginnt ein neues Mittelalter mit weniger und gefügigeren Menschen – wenn es klappt.
(Böttiger)

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